Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul hat scharfe Kritik am bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geäußert: „Es macht mich fassungslos, dass man am Sonntag etwas erklärt, von dem man am Montag nichts mehr wissen will“, sagte Reul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Söder hatte zunächst angekündigt, nur als Kanzlerkandidat der Union bereitzustehen, wenn auch die CDU ihn unterstütze. „Ich bedauere, dass es zu dieser Auseinandersetzung in der Fraktion kommen musste. Die Union hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie ihren Grundüberzeugungen gefolgt ist und nicht schwankenden Stimmungslagen“, fügte der NRW-Innenminister hinzu. Reul: „Hätten wir nur auf Meinungsumfragen gehört, hätten wir auch manch unangenehme Entscheidung in der Pandemie nicht treffen können.“¹
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: Union ist handlungsunfähig, Auszeit auf der Oppositionsbank würde der Partei gut tun
Diskutieren sie noch oder streiten sie schon? Die Union sucht ihren Kanzlerkandidaten und gerät zunehmend in Schieflage. Aus „Söder oder Laschet“ scheint ein „Söder gegen Laschet“ zu werden. Bayerns CSU-Ministerpräsident gewinnt immer mehr Rückhalt in der Schwesterpartei. Doch auch CDU-Parteichef Armin Laschet hat Unterstützer. Eine Patt-Situation, denn keiner will das Feld räumen.
Welche Sprengkraft hat der Machtkampf um die K-Frage für CDU/CSU? Welche Spuren wird er hinterlassen? Setzt er einen Spaltpilz in die Union?
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hält den Koalitionspartner Union derzeit wegen der ungeklärten Kanzlerkandidaten-Frage für handlungsunfähig. „Über Monate wusste man, irgendwann muss man die K-Frage klären, jetzt rasen die Züge in der Union aufeinander zu, das macht die Partei handlungsunfähig“, sagte Klingbeil im Fernsehsender phoenix. Dies sei in einer so kritischen Lage, in der sich das Land gerade befinde, fatal. Als Beispiel nannte Klingbeil die Debatte um das Infektionsschutzgesetz. Während man in der SPD-Fraktion und wohl auch in den Oppositionsfraktionen am Dienstag sehr konstruktiv über das Gesetz debattiert habe, sei die Union nur um sich selbst gekreist.
„Die Unionsfraktion hat sich um sich selbst gedreht, hat sich mit sich selbst beschäftigt und das halte ich für unverantwortlich, in einer solchen Phase, in der wir gerade sind“, kritisiert Klingbeil. Die SPD habe die Personalie des Spitzenkandidaten bereits vor einem Jahr geklärt und sei darum nun in der Lage, geschlossen gut zu regieren. „Die Union hat das lange vor sich hergeschoben und ich halte das für nicht verantwortbar und glaube, dass dieser Union, auch nach den letzten Monaten, mit der Maskenaffäre, mit all dem, was da passiert ist, nach der Bundestagswahl eine Auszeit auf der Oppositionsbank recht gut tut“, so der SPD-Generalsekretär.²
¹Kölner Stadt-Anzeiger ²phoenix-Kommunikation