Rückkehr von IS-Terroristen - „Heikle Rücknahme“

NRW zur Aufnahme von IS-Rückkehrern bereit - Minister Reul: "Besser kontrolliert und überwacht zurückholen"

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) plädiert dafür, ehemalige IS-Kämpfer nach Deutschland zurückzuholen, weil es dazu schon aus rechtlicher Hinsicht keine Alternative gebe. „Wenn diese ehemaligen IS-Kämpfer deutsche Staatsbürger sind, haben wir ohnehin keine Wahl: Wenn sie reinwollen, müssen wir sie auch reinlassen“, sagte Reul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Dann aber ist es doch viel besser, wir holen sie kontrolliert und überwacht zurück“, so Reul weiter. Andernfalls laufe man Gefahr, „dass sie sich auf eigene Faust auf den Weg machen.

Und wenn sie hier sind, werden wir sie, wann immer möglich, sofort in Untersuchungshaft nehmen. Und da, wo die Beweise nicht ausreichen, werden wir sie überwachen und ihnen gleichzeitig ein Angebot zum Ausstieg unterbreiten.“ Bereits im November hatte Reul dem Landtag ein Lagebild zum radikal-islamischen Salafismus in NRW und vor einer steigenden Terrorgefahr durch IS-Rückkehrer gewarnt, die illegal einreisen.¹

Als der listige Grieche Odysseus der Sage nach mit seinen Gefährten durch die Meerenge zwischen Italien und Sizilien kam, hatte er die Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Während das eine Meeresungeheuer alle Seefahrer aufgefressen hätte, nahm sich Charybdis „nur“ sechs von Odysseus Gefährten. Die Wahl zwischen zwei schlechten Übeln, wovon eines ganz furchtbar und das andere nicht ganz so schlimm ist, wird als Entscheidung zwischen Scylla und Charybdis bezeichnet. Um eine solche Entscheidung handelt es sich nun, wenn die Bundesregierung darüber befinden muss, gefangene Kämpfer des Terrornetzwerkes Islamischer Staat (IS) mit deutschem Pass aus US-Gefangenschaft in Syrien nach Deutschland zurückkehren zu lassen. Egal, wie sich Berlin entscheiden wird, es gibt keinen Königsweg, sondern nur Lösungen mit sehr großem oder weniger großem Risiko.

Bei der Rücknahme von mutmaßlichen Ex-Terroristen geht es um eine heikle Güterabwägung. Es geht um Rechtsstaatlichkeit auf der einen sowie unsere Sicherheit auf der anderen Seite. Vor diese Entscheidung wird Berlin nun durch Donald Trump gestellt. Wenn sich die US-Truppen aus Syrien zurückziehen werden, wird es jedenfalls nicht die Guantanamo-Lösung geben, wie nach der Intervention im Irak oder Afghanistan. Seinerzeit wurden unter Präsident George W. Bush einige Hundert Terroristen und Menschen, die man dafür hielt, in das Gefangenenlager auf dem US-Marinestützpunkt in der Guantanamo-Bucht auf Kuba gebracht. Für diese Personen, die eigentlich Kriegsgefangene waren, erfand man den Status von „ungesetzlichen Kombattanten“. Ihre Rechtslage ist bis heute ungeklärt und wegen der verwendeten Verhör- und Foltermethoden standen und stehen die jeweiligen US-Administrationen unter heftiger Kritik. Aber weder Bush, noch sein Nachfolger Barack Obama schlossen diese Lager. Im Fall von Donald Trump ist nun zumindest klar, dass er das Problem der gefangenen IS-Leute nicht nach dem Vorbild Guantanamo lösen will.

Das ist, allein unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten betrachtet, zumindest ein Fortschritt. Allerdings bürdet Trump damit nun den Europäern, soweit sie Staatsangehörige unter den gefangenen IS-Mitgliedern haben, einen gewaltigen Rucksack auf. Was tun mit ehemaligen Terroristen, die möglicherweise Blut an ihren Händen oder der Terrormiliz vielleicht nur in anderer Weise geholfen haben? Die allerschlechteste Variante wäre, wenn diese Personen nun einfach freigelassen würden und irgendwie, irgendwo im Nahen Osten untertauchen könnten. Dass sie geläutert sind und dem Terror abgeschworen haben, ist nicht unbedingt zu erwarten. Eher könnten sie sich schon bald, auch mangels Alternativen, verbliebenen IS-Splittergruppen oder anderen islamistischen Terrorgruppen anschließen. Eine sehr beunruhigende Vorstellung. Allerdings dürfen die gefangenen, terrorverdächtigen Personen mit deutschem Pass auch nicht so einfach wieder nach Deutschland zurückkehren wie Touristen von einer längeren Abenteuerreise.

Die deutschen Behörden müssen - von den US-Verbündeten und anderen Partnern - genau darüber informiert werden, wer da wieder die Rückkehr in seine ehemalige Heimat begehren oder eben nach Deutschland zurückgeschickt werden sollte. Genau so wichtig ist es, dass die einstigen IS-Kämpfer hier vor Gericht zur Rechenschaft gezogen und, wenn die Beweise für ihre individuelle Schuld ausreichen, hart bestraft werden. Solche Fälle gab es ja bereits. Aber auch ohne das scharfe Schwert der Justiz - beziehungsweise ergänzend dazu - werden Aussteigerprogramme für diese Menschen und eine engmaschige Beobachtung benötigt. Das Sicherheitsrisiko muss so klein wie nur möglich gehalten werden.²

¹Kölner Stadt-Anzeiger ²Reinhard Zweigler - Mittelbayerische Zeitung

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